Donnerstag, 30. Juli 2020

Im Eissturm der Amsel - Kerstin Groeper

Eine alte indianische Weisheit besagt, dass das eigene Gewissen einem inneren Dreieck gleicht. Ist man gut, so ruht es in uns. Ist man böse, so fängt es an, sich zu drehen und fügt uns mit seinen Ecken immer wieder Schmerzen zu. Am schlimmsten jedoch ist es, wenn man immer böse ist. Dann stumpfen die Ecken ab und man spürt den Schmerz irgendwann nicht mehr.


Pierre DuMont ist ein junger Trapper, der in der Wildnis mit dem Jagen nach Pelzen, Anerkennung und Abenteuer erleben will. Immer wieder gerät er dabei in Gefechte mit feindlichen Indianerstämmen. Um etwas Sicherheit zu haben, heiratet er Mato-wea, eine junge Frau vom Stamm der Mandan. Was für Pierre anfangs eine Zweckehe ist, entwickelt sich immer mehr in eine andere Richtung, als Mato-wea die kleine Claire zur Welt bringt, denn eigentlich wollte er bei seiner Rückkehr nach St. Louis eine ehrbare weiße Frau ehelichen. Als die zwei in einen Überfall verwickelt werden, ist das Chaos im Leben von Pierre vollends perfekt.
Wambli-luta ist jung, selbstbewusst und zu jeder Minute bereit sein Volk zu verteidigen oder zu rächen. Doch auch wenn er bei den Lakota als großer Krieger gilt, ist ihm vor allem das Wohl seiner Familie am Wichtigsten. In seinen Visionen erhält er immer wieder Hinweise, die ihn führen. Als er von einer jungen Indianierin träumt, die er bei einem Überfall auf einen feindlichen Stamm mit dem Leben hat davon kommen lassen, dreht auch sein Leben sich in eine unerwartete Richtung.

"Im Eissturm der Amsel" ist ein weiterer gelungener historischer Roman der Autorin Kerstin Groeper. Wie bereits ihre Werke davor, hat auch dieser Roman eine Art Gerüst, das auf belegten Ereignissen basiert. Die Handlung und die Protagonisten sind frei erfunden, interagieren allerdings mit historisch dokumentierten Personen, wie William Clark, Meriwether Lewis oder Sacajawea. Obwohl die Lewis- und Clark-Expedition eher das Finden eines schiffbaren Weges zum Pazifik und die Ausweitung der Vereinigten Staaten bis zur Westküste zum Ziel hatte, geht es im Roman von Kerstin Groeper vordergründig um den Handel mit Pelzen, der Erweiterung von Handelsposten und dem langsamen, aber stetigem Verdrängen der Stämme der Native Americans. Mit egoistischer Haltung betreten die Weißen unterschiedlicher Nationalität das Land, um es für sich zu beanspruchen. Die Ureinwohner des Landes haben sich unterzuordnen.


Gerade deshalb sind die Romane von Frau Groeper so lesenswert. Sie sind keine seichte romantische Wild-West-Literatur, sondern haben immer den Anspruch auf Authentizität. Das damalige Leben der Native Americans wird ungeblümt und ehrlich vermittelt. Zeitlich gesehen, befindet sich der Roman zwischen Ende 1808 und Mitte 1814. Einer Zeit in der der British-Amerikanische-Krieg stattfand, der unter anderem mit der Aufstachelung der Stämme gegen die Amerikaner gerechtfertigt wurde. Auch wenn sich vieles nicht geschichtlich perfekt nachweisen lässt, so ist das Leben der Natives in diesem Roman vor allem dadurch glaubwürdig, weil die Autorin Hilfestellung von Organisationen und indianischen Freunden erhält, die das Bild des "Indianers", wie Deutsche es gern sehen, richtig stellen. Leser, die mit diesem Buch zum ersten Mal einem Roman der Autorin begegnen, könnte es schwer fallen, die Namen der indianischen Figuren in Gedanken zu sprechen. Weiterlesen lohnt sich aber auf jeden Fall, auch mit diesen kleinen Holpersteinen, besonders wenn man daran interessiert ist, über Winnetou und Karl May hinaus zu kommen.

Fast alle mitwirkenden, ausgedachten Personen sind ausnahmlos gut gezeichnet. Auch wenn es bei einigen nicht mit Bildern im Kopf geklappt hat, so kann ich doch sagen, dass ich mit dem Buch nicht nur eine wunderbar ausgefüllte Lesezeit hatte, sondern dass mein Ansporn an Literatur, die sich mit dem Thema Native Americans beschäftigt, weiter geschärft hat. Mit jedem Buch der Autorin habe ich das Gefühl, wieder ein Stückchen mehr die Welt der Natives zu verstehen. Bücher wie "Im Eissturm der Amsel" sind wichtig, um auch in der Gegenwart auf die meist katastrophalen Lebensumstände der unterschiedlichsten Stämme hinzuweisen und nicht die Romantisierung der "Indianer" hinzunehmen. Gerade auch außerhalb der USA sollten wir uns dessen bewusst werden.


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Im Eissturm der Amsel - Kerstin Groeper
Historischer Roman - TraumFänger Verlag
ISBN 978-3-941-48575-4 - Preis: 16,90