Freitag, 8. Januar 2016

"Indianisch für Anfänger - Ein Au-pair-Mädchen auf Pine Ridge" von Kerstin Groeper


"Indianer kennen keinen Schmerz!" Außerdem leben sie in Tipis, reiten von früh bis spät, sind unfreundlich, faul, gehen übermäßigem Alkoholgenuss nach, stellen ihre Feinde an den Marterpfahl und skalpieren sie. Sie sitzen im Kreis, rauchen Friedenspfeife und leben mit einem Frauenbild, welches ins Mittelalter gehört. Genau und alle Deutschen laufen in Lederhosen durch die Gegend und trinken am liebsten Bier! Und wenn sie könnten, würden sie sehr gern Indianer spielen und den Native People mal erklären, wie ihre Kultur zu sein hat. Schließlich kennt man ja Winnetou.

Kaja ist vollkommen unbedarft, aber sehr abenteuerlustig, als sie sich entschließt als Au Pair ein Jahr lang bei einer amerikanischen Familie zu arbeiten und zu leben. Dass sie dabei mitten in der Reservation Pine Ridge lebt, war ihr vorher nicht bewusst. Gleich bei der Anreise wird sie von ihrem Gastvater unterrichtet, dass sie sich wahrscheinlich eine ganze Weile allein um den kleinen Jaden kümmern muss, da seine Mutter im Krankenhaus liegt und auf lange Sicht da auch bleiben muss. Kaja, wächst in ihre Aufgabe hinein und nimmt schließlich sogar am Universitätsleben der Reservation teil. Manchmal begleitet durch bissige Blicke der Ureinwohner, aber auch mit neuen Freunden der Rez. Sie hilft einem Indianer dabei, seine Leistungen zu verbessern und wird so auch Stück für Stück immer tiefer in das Leben der Indianer hineingezogen. Immer wieder gibt es kleine Konflikte und doch fühlt sich Kaja unendlich wohl in den Weiten dieses Landes. Doch dann kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie vor der Entscheidung steht, ob sie länger bleiben möchte oder wie geplant zurück nach Deutschland geht.


"Indianisch für Anfänger" von Kerstin Groeper ist ein Roman, der erneut nicht zwingend in die Kategorie Jugendroman bzw. junge Erwachsene gehört, auch wenn der Plot durchaus für Leser ab 16 geeignet ist. Dieser Roman ist witzig, locker, frech und voller kleiner und großer Klischees. Mit einer wirklich einfachen aber erfrischenden Schreibweise schafft es die Autorin, auch Leser in ihren Bann zu ziehen, die sich noch nicht ernsthaft mit Themen rund um die Native People und ihre Traditionen beschäftigt haben. Kerstin Groeper spielt mit Vorurteilen beider Seiten. Sie legt die Problematik zwischen Natives und Weißen dar und das auf eine sehr sympathische und vor allem sehr realistische Art und Weise. Immer wieder ist man als Leser hin- und hergerissen, wohl auch, weil gerade die Protagonistin sehr offen, sehr direkt und trotzdem sehr sympathisch erscheint. Überhaupt gelingt es der Autorin alle Figuren authentisch und vor allem sehr liebenswert zu zeichnen. Immer wieder schafft sie es, die einzelnen Charaktere so mit einander harmonieren zu lassen, dass es auch möglich ist, neue Wendungen einzubauen. Kerstin Groper spielt mit ihren Figuren, die sich immer wieder in Harmonie und dann doch wieder in gegenseitigem Unverständnis wiederfinden. Hier wird deutlich, dass auch in unserer Zeit die Natives noch immer nicht als das angesehen werden, was sie sind. Ein eigenständiges Volk, mit eigenständiger Struktur und Regeln, mit allerhand Traditionen und wenig Chancen, sich bald aus einem Sumpf aus Arbeitslosigkeit, Diabetes, Alkoholismus und diversen menschenverachtenden Vorurteilen zu befreien. 

Mit ihrem Roman räumt die Autorin dennoch geradezu auf amüsante Art und Weise mit einigen dieser Vorurteilen auf, dass es dem Leser ein wahres Vergnügen ist. Man könnte "Indianisch für Anfänger" vollkommen vorbehaltlos als echten Pageturner bezeichnen. Das Cover mag einigen gewöhnungsbedürftig erscheinen, doch ist es quasi so gut gewählt, dass nicht nur die Natives mit diesem sehr zufrieden sind, sondern auch erneut mit Klischees gespielt wird. Wer bitte würde denn mit blonden Dreadlocks, mit Federschmuck und Kriegsbemalung an einem See posieren? "Indianisch für Anfänger - Ein Au-pair-Mädchen auf Pine Ridge" ist ein Roman, der auf erfrischende Weise versucht mit diversen Vorurteilen beider Seiten aufzuräumen, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Ein Werk, dass nicht nur ins Regal besonders jeden weiblichen Lesers der Literatur über Natives gehört, sondern darüber hinaus für jeden ein Lesegenuss sein wird.

Kerstin Groeper hat sich in den letzten Jahren zu einer der Lieblingsautorinnen hier im Nestchen entwickelt, was vor allem auch an der Authentizität ihrer Werke und an ihrer Liebe zum Schreiben sehr deutlich wird. Als Tochter eines Schriftstellers war sie schon sehr früh mit dieser Arbeit vertraut und so wundert es nicht, dass ihre Romane sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Mit ihrem Interesse an der Geschichte der nordamerikanischen Indianer, dem Erlernen von Lakota, einer Sprache der Teton-Sioux, ist es ihr möglich, sich nicht nur von ihrem Heimatland Deutschland aus, mit den Natives auszutauschen, sondern sie pflegt mittlerweile auch enge beinah familiäre Beziehungen. Diese Kontakte helfen ihr, ihre Romane so realistisch wie möglich schreiben zu können. Regelmäßig ist sie auch in ganz Deutschland unterwegs und gibt ihr Wissen in Vorträgen und Seminaren weiter. Sie versucht so mit diversen Klischees aufzuräumen. Im TraumFänger Verlag sind mittlerweile 10 Romane aus ihrer Feder erschienen.

Indianisch für Anfänger - Ein Au-pair-Mädchen auf Pine Ridge - Kerstin Groeper
TraumFänger Verlag - Broschierte Ausgabe - Belletristik
ISBN 978-3-941-48546-4 - Preis 9,90 €

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Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.