Freitag, 23. Mai 2014

Der scharlachrote Pfad - Kerstin Groeper ❀ ❀ ❀ ❀ ❀

Der scharlachrote Pfad - Eine Sioux Saga
Broschierte Ausgabe
ISBN 978-3-941-48523-5
Preis: 16,90 Euro
Historischer Roman für Erwachsene

Wah-bo-sens ist in Trauer. Ihr geliebter Mann ist tot. Jetzt ist sie allein, allein in einem Winter des Jahres 1870/71. Es ist kalt und die Nahrungsvorräte werden knapp. Da wird das Dorf von einer Gruppe Lakotakrieger überfallen. In Panik nimmt sie ihre kleine Tochter und flieht in die eisige Kälte der harten Jahreszeit. Doch Tschetan-withko findet sie und will in seiner Wut das kleine Mädchen und ihre Mutter töten. Etwas hält ihn zurück, als er in die angsterfüllten Augen der jungen Absarokee blickt. Er entschließt sich, sie am Leben zu lassen, nimmt sie mit zu seinem Stamm. Tschetan-withko ist einsam, macht Wah-bo-sens zu seiner Frau und adoptiert ihre Tochter. Anfänglich fühlt die Absarokee sich als Gefangene, doch nach und nach überwindet sie ihre Angst und fasst Vertrauen, wird ein Teil der Lakota. Sie lernt ihre Sprache, ihre Bräuche und ist ihrem neuen Mann eine gute Frau. Wah-bo-sens ist froh, ein Teil der Gemeinschaft zu sein und wird als vollwertiges Mitglied akzeptiert. Nur die andauernden Überfälle der verfeindeten Stämme kann und will sie nicht verstehen. Als die Indianer denken, es wäre relativ sicher, stürmen Goldgräber das Land. General Custer führt einen Feldzug gegen die Lakota und nichts scheint ihn aufzuhalten. Wieder muss Wah-bo-sens um das Leben ihrer Familie bangen.

"Der scharlachrote Pfad" von Kerstin Groeper ist, wie auf dem Cover ersichtlich wird, ein Roman der eigentlich eine Saga ist. Wir begleiten verschiedene Lakotafamilien eines Stammes über einen Zeitraum von ca. 9 Jahren. Kerstin Groeper beschreibt ihr Leben, ihre Gefühle, ihre Kämpfe gegen die Weißen und gegen sich selbst. Sie zeigt die Zerrissenheit entführter Indianerinnen. Vor allem wird auch die Veränderung in der Zeit deutlich. Die ersten Stämme leben in Reservationen, die Weißen überfluten das Land. Nehmen sich was sie wollen ohne Rücksicht auf die First Nation. Kerstin Groeper erzählt von der Liebe der Lakota zu ihren Familien genauso wie von der Spiritualität, dem Glauben an Wakan-tanka. Kerstin Groeper schreibt nicht nur von der Brutalität der Krieger untereinander, sie zeigt auch, wie brutal die weißen Soldaten besonders gegenüber indianischen Frauen und Kindern vorgingen. Die Figuren, die sie dabei zeichnet sind authentisch und vor allem kann man mit ihnen fühlen. Man leidet, wenn sie einen Verlust erleiden. Man lächelt, wenn sie eine neues Familienmitglied begrüßen. Man ist wütend, wenn sie rücksichtslos behandelt werden. Ist die Vielzahl an Figuren zu Beginn vielleicht leicht verwirrend so ändert sich das im Laufe der Geschichte. Sehr hilfreich ist hierfür auch die am Anfang des Buches stehende Liste der handelnden Figuren. Kerstin Groepers Schreibstil ist wie immer flüssig und vor allem bildhaft. Als Leser hat man das Gefühl, man könne den Duft der weiten Prärie wahrnehmen, hört die kriegerischen Schreie bei einem Kampf oder nimmt am planschenden Spiel der Lakotakinder im Fluss teil. Der Plot umfasst knapp 800 Seiten, doch jede Seite ist es wert sie zu lesen. Man begleitet die Lakotagruppe über mehrere Lesetage und möchte das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen. Gern hätte ich noch einige Seiten weitergelesen, denn wie schon bei vorherigen Romanen der Autorin, fällt es mir schwer, mich aus ihren erzählten Welten zu lösen. Selbstverständlich liegt das vor allem an der sehr guten Recherchearbeit von Kerstin Groeper und ihre Verbindung zum wirklichen Leben der Native People, denn nur so kann sie einen Roman schreiben, der in allem stimmig, informativ und trotzdem fesselnd ist. "Der scharlachrote Pfad" bekommt eine volle Leseempfehlung und ist hier aber ausschließlich für Erwachsene geeignet. Es beinhaltet Szenen, die nicht jugendfrei sind und sollte somit nicht im Kinder- und Jugendbuchsektor geführt werden.